Der Arbeitgeber schuldet den gesetzlichen Mindestlohn für jede tatsächlich geleistete Arbeitsstunde. Er erfüllt den Anspruch durch die im arbeitsvertraglichen Austauschverhältnis als Gegenleistung für Arbeit erbrachten Entgeltzahlungen, soweit diese dem Arbeitnehmer endgültig verbleiben. Die Erfüllungswirkung fehlt nur solchen Zahlungen, die der Arbeitgeber ohne Rücksicht auf tatsächliche Arbeitsleistung des Arbeitnehmers erbringt oder die auf einer besonderen gesetzlichen Zweckbestimmung (zB § 6 Abs. 5 ArbZG) beruhen.
Das Arbeitsverhältnis der in Vollzeit beschäftigten Klägerin bestimmt sich nach einem schriftlichen Arbeitsvertrag, der neben einem Monatsgehalt besondere Lohnzuschläge sowie Urlaubs- und Weihnachtsgeld vorsieht. Im Dezember 2014 schloss die Beklagte mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung über die Auszahlung der Jahressonderzahlungen. Seit Januar 2015 zahlt die Beklagte der Klägerin allmonatlich neben dem Bruttogehalt iHv. 1.391,36 Euro je 1/12 des Urlaubs- und des Weihnachtsgelds, in der Summe 1.507,30 Euro brutto. Die Klägerin hat geltend gemacht, ihr Monatsgehalt und die Jahressonderzahlungen müssten ebenso wie die vertraglich zugesagten Zuschläge für Mehr-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit auf der Basis des gesetzlichen Mindestlohns iHv. 8,50 Euro brutto/Stunde geleistet werden. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat der Klägerin Nachtarbeitszuschläge iHv. 0,80 Euro brutto zugesprochen und im Übrigen die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Die Revision der Klägerin ist erfolglos geblieben. Die Klägerin hat aufgrund des Mindestlohngesetzes keinen Anspruch auf erhöhtes Monatsgehalt, erhöhte Jahressonderzahlungen sowie erhöhte Lohnzuschläge. Der gesetzliche Mindestlohn tritt als eigenständiger Anspruch neben die bisherigen Anspruchsgrundlagen, verändert diese aber nicht. Der nach den tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden bemessene Mindestlohnanspruch der Klägerin für den Zeitraum Januar bis November 2015 ist erfüllt, denn auch den vorbehaltlos und unwiderruflich in jedem Kalendermonat zu 1/12 geleisteten Jahressonderzahlungen kommt Erfüllungswirkung zu. Urteil vom 25. Mai 2016 - 5 AZR 135/16 - Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg Urteil vom 12. Januar 2016 - 19 Sa 1851/15 - Quelle: Bundesarbeitsgericht Pressemitteilung 24/16 |
Montag, 30. Mai 2016
Mindestlohn und Sonderzahlungen
Dienstag, 17. Mai 2016
Keine Diskriminierung wegen einer Schwerbehinderung bei unterlassener Durchführung des Präventionsverfahrens nach § 84 Abs. 1 SGB IX in den ersten sechs Monaten des Arbeitsverhältnisses
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision der Klägerin hatte vor dem Achten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Das Präventionsverfahren nach § 84 Abs. 1 SGB IX selbst ist keine "angemessene Vorkehrung" iSv. Art. 2 UN-BRK und des Art. 5 der Richtlinie 2000/78/EG. Zudem ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, innerhalb der ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses (Wartezeit nach § 1 Abs. 1 KSchG) ein Präventionsverfahren nach § 84 Abs. 1 SGB IX durchzuführen.
Urteil vom 21. April 2016 - 8 AZR 402/14 -
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil vom 17. März 2014 - 1 Sa 23/13 -
Quelle: BAG Pressemitteilung 19/16
Anspruch auf tabakrauchfreien Arbeitsplatz
Der Kläger arbeitet in dem von der Beklagten in Hessen betriebenen Spielcasino als Croupier. Er hat hierzu im Durchschnitt wöchentlich zwei Dienste (jeweils sechs bis zehn Stunden) in einem abgetrennten Raucherraum zu arbeiten. Nur dort und im Barbereich ist den Gästen das Rauchen gestattet. Der Raucherraum ist mit einer Klimaanlage sowie einer Be- und Entlüftungsanlage ausgestattet.
Der Kläger verlangt von der Beklagten, ihm ausschließlich einen tabakrauchfreien Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung des Klägers zurückgewiesen.
Die Revision des Klägers hatte vor dem Neunten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Zwar hat der Kläger nach § 5 Abs. 1 Satz 1 ArbStättV grundsätzlich Anspruch auf einen tabakrauchfreien Arbeitsplatz. Die Beklagte macht in ihrem Spielcasino jedoch von der Ausnahmeregelung in § 2 Abs. 5 Nr. 5 des Hessischen Nichtraucherschutzgesetzes (HessNRSG) Gebrauch, die das Rauchen in Spielbanken ermöglicht. Sie muss deshalb Schutzmaßnahmen nur insoweit treffen, als die Natur ihres Betriebs und die Art der Beschäftigung dies zulassen. § 5 Abs. 2 ArbStättV verpflichtet sie allerdings, die Gesundheitsgefährdung zu minimieren. Diese Verpflichtung hat sie mit der baulichen Trennung des Raucherraums, seiner Be- und Entlüftung sowie der zeitlichen Begrenzung der Tätigkeit des Klägers im Raucherraum erfüllt.
Urteil vom 10. Mai 2016 - 9 AZR 347/15 -
Vorinstanz: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil vom 13. März 2015 - 3 Sa 1792/12 -
Quelle: BAG Pressemitteilung Nr. 22/16
Inanspruchnahme von Elternzeit - Schriftformerfordernis
Die Klägerin war als Rechtsanwaltsfachangestellte bei dem beklagten Rechtsanwalt beschäftigt. Dieser kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 15. November 2013. Im Kündigungsrechtsstreit machte die Klägerin geltend, sie habe dem Beklagten nach der Geburt ihrer Tochter per Telefax am 10. Juni 2013 mitgeteilt, dass sie Elternzeit für zwei Jahre in Anspruch nehme. Der Beklagte habe deshalb das Arbeitsverhältnis nach § 18 Abs. 1 Satz 1 BEEG nicht kündigen dürfen. Die Vorinstanzen haben der Kündigungsschutzklage stattgegeben.
Die Revision des Beklagten hatte vor dem Neunten Senat des Bundearbeitsgerichts Erfolg. Das Arbeitsverhältnis ist durch die Kündigung des Beklagten vom 15. November 2013 aufgelöst worden. Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts genoss die Klägerin nicht den Sonderkündigungsschutz des § 18 Abs. 1 Satz 1 BEEG. Die Klägerin hatte mit ihrem Telefax vom 10. Juni 2013 nicht wirksam Elternzeit verlangt. Besonderheiten, die es dem Beklagten nach Treu und Glauben verwehrten, sich auf den Formverstoß zu berufen, lagen nicht vor.
Urteil vom 10. Mai 2016 - 9 AZR 145/15 -
Vorinstanz: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil vom 8. Januar 2015 - 9 Sa 1079/14 -
Quelle: BAG Pressemitteilung Nr. 23/16
Mittwoch, 11. Mai 2016
Bundeskabinett beschließt Reform zum Mutterschutz
Die Bundesregierung hat eine Reform des Mutterschutzgesetzes auf den Weg gebracht. Erstmals sollen auch Schülerinnen und Studentinnen von den Schutzvorschriften profitieren. Das Gesetz soll Anfang 2017 in Kraft treten.
Seit 1952 ist der Mutterschutz in Deutschland gesetzlich geregelt – und wurde bis heute kaum verändert. Die Reform wird »neuere gesundheitswissenschaftliche Erkenntnisse« ins Gesetz einfließen lassen, heißt es in einer Mitteilung der Bundesregierung. Unter anderem seien psychische Gefährdungen stärker berücksichtigt worden. Vor allem im Familien- und im Bildungsministerium hatte es unterschiedliche Auffassungen gegeben, wie eine Reform aussehen solle.
Schülerinnen und Studentinnen erstmals geschützt
Das sind die wichtigsten Neuerungen:
- Die Schutzfrist nach der Geburt eines behinderten Kindes kann von acht auf zwölf Wochen verlängert werden.
- Kündigungsschutz für Frauen, die eine Fehlgeburt nach der zwölften Woche erlitten haben.
- Schülerinnen und Studentinnen werden in den Mutterschutz einbezogen.
- Arbeitnehmerähnliche Selbständige fallen künftig unter das Gesetz.
Bundesbildungsministerin Johanna Wanka: »Schülerinnen und Studentinnen erhalten künftig den vollen Mutterschutz, können aber frei entscheiden, ob sie ihn in Anspruch nehmen. Diese Flexibilität ermöglicht es ihnen, Prüfungen abzulegen, Hausarbeiten zu beenden oder Pflichtveranstaltungen zu besuchen, immer vorausgesetzt Mutter und Kind sind wohlauf. Der zunächst angedachte, zwingend vorgeschriebene Mutterschutz ohne Ausnahmeregelungen hätte hingegen zu einer deutlichen Verlängerung von Studien- und Schulzeit führen können.«
Beschäftigungsverbote und Kündigungsschutz bleiben bestehen
Weiterhin gilt, dass Arbeitgeber Frauen sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt nicht beschäftigen dürfen. Bei Frühgeburten oder Zwillingen verlängert sich die Zeit wie bisher nach der Geburt auf zwölf Wochen. Auch risikoreiche Arbeiten, Nachtschichten oder Akkord- und Fließbandarbeit bleiben tabu.
Gewerkschaft fordert mehr Auskunftsrechte
Auch wenn die Gewerkschaft ver.di grundsätzlich mit dem Gesetzentwurf zufrieden ist, gibt es dennoch Kritikpunkte. Es seien etwa Auskunftsrechte zur Gefährdungsbeurteilung für den behandelnden Gynäkologen nötig und es müsse gesetzlich die Zusammenarbeit mit dem Betriebsarzt gestärkt werden, damit Frauen am Arbeitsplatz noch besser geschützt seien. Außerdem fordert ver.di, dass alle erwerbstätigen Frauen in das Mutterschutzgesetz einbezogen werden, nicht nur die arbeitnehmerähnlich Selbstständigen.
Das Gesetz soll noch 2016 verabschiedet werden und am 1. Januar 2017 in Kraft treten. Der Gesetzentwurf geht nun zur Beratung in den Bundestag. Auch der Bundesrat muss zustimmen.
Quelle: http://www.bund-verlag.de/zeitschriften/arbeitsrecht-im-betrieb/aktuelles/news/2016/05/bundeskabinett-beschliesst-reform.php?newsletter=BR-Newsletter%2F10.05.2016
Betriebsrätestärkungsgesetz
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat am 21.12.2020 den Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Betriebsratswahlen und zur Stär...
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§ 129 Sonderregelungen aus Anlass der Covid-19-Pandemie (1) Die Teilnahme an Sitzungen des Betriebsrats, Gesamtbetriebsrats, Konzernbetri...
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Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat am 21.12.2020 den Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Betriebsratswahlen und zur Stär...
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Es kommt immer wieder vor, dass ein Mitglied des Betriebsrats, das zur Sitzung eingeladen ist, nicht kommen kann oder will, weil er an ...